„Bei Gamification gilt: Klasse schlägt Masse“

Gamification – also der Einsatz von Spielelementen in spielfremden Umgebungen – setzt sich nach Ansicht von Prof. Hans Fleisch immer mehr durch. Im Interview zum Workshop Gamification4Good erklärt er, warum es bei Gamification auf Klasse statt auf Masse ankommt.
Herr Prof. Fleisch: Sie sind Autor des Bandes „Gamification4Good: Gemeinwohl spielerisch stärken“, das im April im Erich Schmidt Verlag erschienen ist. Wie sind die ersten Reaktionen? Nimmt der Gemeinwohlsektor den Ball auf?
Hans Fleisch: Im Gemeinwohlsektor wir das Thema Gamification seit Kurzem in der Tat ernster genommen. Mehrere größere Stiftungen und andere Nichtregierungsorganisationen wenden sich ganz aktuell dieser Chance Gamification erstmalig zu. Auch beim Deutschen StiftungsTag 2018 wurde es in mehreren Veranstaltungen als thematischer Schwerpunkt diskutiert. Und verschiedene staatliche Förderinstitutionen bzw. Ministerien öffnen sich neuerdings gegenüber dem Thema.
Inwieweit das auch mit meinem Buch zusammenhängt, kann ich aber nicht sagen. Aber es gab nach der Veröffentlichung der Studie verschiedene Anfragen aus dem In- und Ausland, bei der Umgestaltung von Gemeinwohlinterventionen mit Gamification-Elementen behilflich zu sein. Und ich bin erleichtert, dass die bekannteren Gamification-Berater sich sehr anerkennend zum Inhalt des Buchs geäußert haben.
Welche „Mit-Spieler“ haben Sie in den vergangenen Monaten mit neuen spannenden Ideen und Projekten am meisten überzeugt?
Hans Fleisch: Die gamifizierte Lobby-Kampagne der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung hat vor Augen geführt, was mit überschaubarem Budget mit Gamification bei der „Vermarktung“ von Themen besser geht. Beeindruckt hat mich auch, was Christoph Deeg für gamifizierte Stadtentwicklungsprojekte in Afrika jüngst auf den Weg gebracht hat. Und die Gamifizierung der Projekte von großen Stiftungen wie einem Bildungsvorhaben der Joachim Herz-Stiftung und die Hinwendung zum Thema Gamification der wissenschaftsfördernden VolkswagenStiftung finde ich ermutigend.
Wo liegen Ihrer Meinung nach die Hürden, dass Stiftungen nicht spielerischer das Gemeinwohl stärken?
Hans Fleisch: Es fehlt schlicht an entsprechendem Know-how und an der Einbindung von Gamification-Experten und Expertinnen von außerhalb des Stiftungssektors.
Bei der Fußball-WM haben mit Frankreich und Kroatien zwei Mannschaften im Finale gestanden, die gegensätzlicher nicht sein konnten: Groß vs. Klein, Alt vs. Jung, großes Budget vs. kleines Budget: Welche Organisation ist beim Einsatz von Gamification-Maßnahmen im Vorteil: Der große, finanziell bestens ausgestattete „Tanker“ oder das kleine wendige Boot?
Hans Fleisch: Generell gilt: Kopf schlägt Kapital. Das gilt auch für Stiftungen. Exzellente Köpfe gibt es in großen und in kleinen Organisationen; sie haben es in großen Organisationen manchmal schwerer, neue Ideen rasch umzusetzen, aber dafür dann potentiell mehr Ressourcen. Anders als bei der WM können wir im Gemeinwohlsektor aber auf Kooperation von großen und kleinen Organisationen setzen, und dann gibt es nur Gewinner.
An guten Ideen mangelt es gerade im Gemeinwohlsektor nicht. Die Kunst besteht – nicht nur bei Gamification – darin, aus Ideen tragfähige Konzepte zu entwickeln. Woran scheitern Ihrer Meinung nach gute Gamification-Ideen am häufigsten?
Hans Fleisch: Es fehlt oft an den zeitlichen und finanziellen Ressourcen für die Weiterentwicklung von Ideen zu ausgefeilten Konzepten. Bei Gamification sind entscheidende Erfolgsfaktoren ein gutes Design der Lösung und entsprechende Tests vor dem Roll Out. Das professionelle Designen von Projekten wird aber selten gefördert von denen, die mit ihren Mitteln das Gemeinwohl fördern wollen.
Gamification lebt, wie wir gehört haben, von guten Ideen – kommt aber auch nicht ohne (finanzielle) Ressourcen aus. Im Marketing heißt es: „Was man nicht im Portemonnaie hat, hat man in den Beinen“. Gilt diese alte Werbeweisheit auch für den Bereich Gamificiation?
Hans Fleisch: Für Gamification gilt: Klasse schlägt Masse. Man kann beim intelligenten Einsatz von Gamification mit gutem Design ohne großes Implementierungs-Budget viel erreichen. Letztlich ist der Einsatz von Gamification, wenn gut designt, ja eine Sparmaßnahme: eben weil man damit mehr Wirkung erreichen kann. Man muss halt anders investieren, um diesen Spareffekt zu erreichen: mehr in die Entwicklung des Designs und nicht bloß in die Implementierung.
Und wie sieht es mit der Wirkung aus? Ist Gamification wirkungsvoller als „andere“ Ansätze?
Hans Fleisch: Die besondere Wirkung von Gamification ist in ganz verschiedenen Studien nachgewiesen worden. Das steht aber nicht in Konkurrenz zu anderen Ansätzen. Vielmehr gilt: wenn Gamification zusätzlich mit eingebaut wird, gelingen Vorhaben besser, bei denen es um das Erreichen von Zielgruppen, um Information/Bildung und/oder Motivation geht.
Am 26. September veranstalten Sie gemeinsam mit Arne Gels und Dr.-Ing. Jörg Niesenhaus den interaktiven Workshop: „Gamification4Good“. Was erwartet die Teilnehmerinnen an dem Tag?
Hans Fleisch: Sie werden ein gutes Basis-Know-how bekommen zur Wirkweise und Gestaltung von Gamification und dann besser einschätzen können, wann und wo es für die eigene Organisation lohnt. Und sie werden lernen, wie man vorgehen sollte, wenn man Effektivitätssteigerungen qua Gamification implementieren will. Außerdem werden konkrete praktische Herausforderungen der Organisationen der Teilnehmenden mit den Beratern Arne Gels und Jörg Niesenhaus besprochen.
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